In einer Welt, in der sich Individualismus und Eigennutzigkeit immer tiefer in der Gesellschaft festsetzen, ist das Konzept der Freiwilligenarbeit erklarungswürdig. Freiwillige engagieren sich ohne Zwang und Druck, ohne monetaren Lohn, ohne Chef, der Leistungen kontrolliert. Sie wirken aus Überzeugung, "dass man etwas für die Gemeinschaft tun sollte", wie es Johanna Steger formuliert.
Oft ist das Motiv, etwas Sinnvolles zu tun, z.B. nach der Pensionierung, oder die Absicht, Menschen konkret und praktisch zu helfen. Ganz ohne materielle Gegenleistung? Das mag sich so mancher Vertreter unserer Zeit fragen. Doch was nicht physisch greifbar ist, ist metaphysisch nicht minder vorhanden. Die Freude der Betagten über einen Besuch, die Dankbarkeit der Pflegenden für die Unterstützung, die Anerkennung der Institution für den unbezahlbaren und kostbaren Einsatz der Freiwilligen stiftet Erfüllung auf eine Art, wie es materielle Güter kaum vermögen.
Mit einer Lieblingsaktivität Zeit schenken
Johanna Steger ist etwas über 70 und in der Gemeinde Emmen verankert. Einen Teil ihrer Zeit verbringt sie mit ihrem Mann auf einer spanischen Insel. Wenn sie in der Schweiz ist, engagiert sie sich freiwillig musikalisch in der Betagtenzentren Emmen AG (BZE AG). Vor über 20 Jahren hat sie mit ihrem wertvollen Engagement begonnen. Mittlerweile leitet sie die Singgruppe – ein regelmässiges Freiwilligenprogramm, das wöchentlich in beiden Betagtenzentren der BZE AG stattfindet. Ein eigenes Singbuch hat sie für das Musizieren mit den Betagten kreiert, mit grossgedruckten Texten.
Nach ihrer Motivation für dieses Freiwilligenengagement gefragt, antwortet sie: «Etwas mit jemandem teilen, was man selber gerne macht.» Eine Stunde lang singen sie und weitere Freiwillige zusammen mit bis zu 50 Bewohnenden in der Empfangshalle des Emmenfeld Betagtenzentrums und im Saal des Alp Betagtenzentrums. «Gute Laune wollen wir verbreiten, aber auch Emotionen freisetzen», so Johanna Steger. Die Lieder, wie «Am Himmel staht es Stärnli», «Yellow Submarine» oder «Bella Ciao» werden mit Gitarre oder Klavier begleitet. «Es geht nicht um die Schönheit des Gesangs, sondern um die Stimmung, die entsteht. Wir streben nicht nach Perfektion, aber mitunter klingt es sehr schön», erzählt Johanna Steger stolz. Vor allem Bewohnende mit einer demenziellen Erkrankung sind besonders empfänglich für Musik. Gesang ist ein hilfreiches Mittel, zu Menschen durchzudringen, die eingeschränkt kommunizieren können. Die Freude auf beiden Seiten ist entsprechend gross. Danke, Johanna Steger und ihren Mitsänger/innen, im Namen der Bewohnenden und der BZE AG!
Gruppenaktivität oder Einzelregle
Neben verschiedenen Gruppierungen (z.B. Singen und Jassen) finden aber auch zahlreiche Einzelpersonen als freiwillige Helfende ihren Weg zur BZE AG. So z.B. Markus Lombardo, der Bewohnende mit seinem Therapie-Golden-Retriever Navajo besucht. Wieder andere der über 100 Freiwilligen gehen spazieren, lesen vor und führen Gespräche, helfen bei Besorgungen oder organisieren Bewohnergeburtstage. Jede und jeder darf einbringen, was ihm/ihr liegt, Zwänge soll es keine geben. Gemeinsamer Austausch sowie gesellige Treffen sorgen auch innerhalb der Freiwilligen für Kontakte und sollen ein Gemeinschaftsgefühl stiften.
Freiwilligenkoordination bei der BZE AG
Katharina Graetz ist Freiwilligenkoordinatorin bie der BZE AG. Sie hat grösse Hochachtung vor dem Engagement der Freiwilligen. «Freiwillige schliessen Lücken», fasst sie zusammen, «sie entlasten die Mitarbietnden und ergänzen das hausinterne Aktivierungsprogramm, wobei sie individuell auf die Bedürfnisse des einzelnen Bewohners eingehen können.» Dank der Freiwilligen werde der Alltagstrott der Bewohnenden durchbrochen, was sehr wertvoll sei. Wie recht Katharina Graetz doch hat, wenn sie sagt: «Freiwillige schenken, was heute so rar ist - Zeit.»
Mehr zu den Möglichkeiten, sich freiwillig zu engagieren, finden Sie hier.